Fake It To Make It ist ein Browser-Spiel mit einer ungewöhnlichen Prämisse: Der Spieler erstellt und pflegt virtuelle „Fake News“-Webseiten mit dem Ziel, möglichst viel Geld zu scheffeln.
Je höher die Punktzahlen, die der Spieler in den Kategorien Angst, Drama und Glaubwürdigkeit erreicht, desto mehr verdient er. Das Prinzip ist überraschend simpel und „profitabel“ – und es sorgt für ein fesselndes Spielerlebnis: In seinem ersten Jahr seit der Veröffentlichung hat es mehr als 90.000 Spielsitzungen verzeichnet.
Amanda Warner, die Erfinderin des Spiels, hofft, dass es durch seinen Bildungsansatz eine Rolle im Kampf gegen das Phänomen der Fehlinformationen im Netz spielen kann.
„Der Sinn und Zweck dieses Spiels ist, den Spielern ein besseres Verständnis dafür zu vermitteln, wie eine Fehlinformation entsteht, verbreitet wird und welche Emotionen sie gezielt anspricht. So können sie Informationen in Zukunft kritischer betrachten“, heißt es in der Spielebeschreibung.
Warner ist eine Designerin und Entwicklerin aus dem US-Bundesstaat Ohio, die sich seit der Präsidentschaftswahl in den USA 2016 intensiv mit Fake News befasst.
„Es war traurig, wie viele falsche Informationen mir in der Zeit vor der Wahl untergekommen sind“, berichtet sie. „Deshalb wollte ich ein Projekt starten, in dem ich mich genau damit auseinandersetze.“
Gewappnet mit einem umfangreichen Wissen über die Entwicklung von Videospielen und interaktives Lernen zog Warner aus, das Ökosystem „Fake News“ besser zu verstehen.
„Ich war auf vielen Fake-News-Seiten unterwegs, um mich inspirieren zu lassen“, sagt sie. Warner durchkämmte zudem alle möglichen Berichte über dieses Phänomen, wie zum Beispiel BuzzFeeds Recherche über eine Fake-News-Fabrik in Mazedonien.
Zahlreiche Pädagogen sind inzwischen auf Fake It To Make It aufmerksam geworden. „Ich habe von ihnen sehr positives Feedback bekommen; anscheinend regt das Spiel zu spannenden Diskussionen an“, berichtet sie.
Gerade in Klassenräumen können Fake It To Make It und andere interaktive Bildungsangebote für Web-Kenntnisse ihre Wirkungskraft entfalten. Erst 2016 stellte ein Bericht der Stanford University fest: „Die Fähigkeit der Jugendlichen, Informationen aus dem Internet kritisch zu beurteilen, befindet sich, kurz gesagt, in einem desolaten Zustand.“
Die Studie zeigt, wie die über 7.800 teilnehmenden Siebt- bis Zwölftklässler und Studenten in den USA die Glaubwürdigkeit von Informationen im Netz in unterschiedlichen Zusammenhängen einschätzten. In einer Aufgabe erklärten 40 % der Highschool-Schüler ein Bild von einer Foto-Sharing-Website für zweifellos echt.
„Sie hinterfragten nicht, woher es stammte“, sagte Sam Wineburg, Professor für Erziehungswissenschaft und Geschichte an der Stanford University und Leiter der Studie, in einem Interview mit dem öffentlichen Hörfunksender NPR. „Sie gingen schlicht und einfach davon aus, dass das Bild schon echt sein wird.“
Die Studie untersuchte zudem die Fähigkeit der Schüler, den Unterschied zwischen Werbetexten und Nachrichtenartikeln zu erkennen. Von 350 Schülern der sechsten bis achten Klassen konnten 75 % traditionelle Werbung von Nachrichten unterscheiden. Doch sogenanntes „Native Advertising“, also Werbung, die gezielt an das Design und die Atmosphäre ihrer entsprechenden Umgebung angepasst ist, war härter zu knacken: Mehr als 80 % der 350 Schüler dachten, dass es sich bei diesen „Native Ads“ um tatsächliche Nachrichtenartikel handelte, selbst wenn sie klar erkennbar als gesponserte Inhalte markiert waren.
Auf die Frage hin, wie man Kinder und junge Erwachsene besser darin schulen kann, Netzinhalte kritisch zu beurteilen, hat Warner eine einfache Antwort: „Man sollte den Menschen ein bestimmtes Maß an Skepsis einimpfen – vor allem Schülern der mittleren und oberen Klassenstufen. Diese Fähigkeit wird in der heutigen Welt ganz dringend gebraucht.“
Weitere Links
Fake It To Make It (deutsche Version) Mission:Information Teaching Kit (Der Lernbaukasten von Mission:Information)
Evaluating Sources in a ‘Post-Truth’ World: Ideas for Teaching and Learning About Fake News (Die Prüfung von Quellen in einer „postfaktischen“ Welt: Wie man über Fake News unterrichten und lernen könnte)
Evaluating Information: The Cornerstone of Civic Online Reasoning (Die Bewertung von Informationen: der Eckpfeiler der Beurteilung von Online-Informationen), Stanford History Education Group (2016)