Santhosh Thottingal
Santhosh Thottingal. Aufgenommen von Kavya Manohar, 2017 (CC BY-SA 4.0).

Im Web ist es nicht immer leicht, in einer Sprache zu lesen und zu tippen, die weder Englisch ist noch das lateinische Alphabet benutzt.

Die Sprecher der indischen Sprache Malayalam mussten lange auf verbuggte, schlecht lesbare Schriftarten zurückgreifen, um Texte im Internet zu verfassen. Dank jahrzehntelangen Anstrengungen ist das Tippen und Schreiben auf Malayalam im Internet jedoch inzwischen kinderleicht geworden.

Santhosh Thottingal, der als Senior Software Engineer bei der Wikimedia Foundation tätig ist, half tatkräftig dabei mit, den rund 38 Millionen Malayalam-Sprechern in Indien die Online-Kommunikation in ihrer Sprache zu ermöglichen.

„Für Malayalam waren keine voll funktionstüchtigen, bugfreien Schriftarten vorhanden und das nicht nur für freie Software, sondern auch für proprietäre Betriebssysteme“, erzählt er in einem Interview auf dem Wikimedia-Blog.

Fest entschlossen, seine Muttersprache vollständig in die digitale Welt zu übertragen, brachte sich Thottingal Computerlinguistik bei und schloss sich Swathanthra Malayalam Computing an, einem Free-Software-Kollektiv.

„Wir haben Eingabetools entwickelt, Darstellungsprobleme behoben, neue Schriftarten designt und kodiert sowie viele Berechnungsalgorithmen für Malayalam definiert und implementiert, zum Beispiel zur alphabetischen Ordnung und Silbentrennung. Und auch komplexeren Aufgaben haben wir uns gewidmet“, erklärt Thottingal. „Dieses gemeinschaftliche Projekt durfte immer mehr ehrenamtliche Helfer begrüßen.“

Die Möglichkeit, beim Tippen und Lesen im Web von der globalen Sprachenvielfalt Gebrauch zu machen, ist ein Merkmal eines gesunden Internets. Allerdings dominieren Englisch sowie auf dem lateinischen Alphabet basierende und von links nach rechts verlaufende Schriftsprachen und die Übersetzung von Software wird oft als nachrangig betrachtet. Das liegt zum Teil daran, dass es kompliziert ist.

"The Internet is healthier when everyone can read and write in their own language” in the Malayalam font.
„Das Internet ist gesünder, wenn jeder in seiner eigenen Sprache lesen und schreiben kann“, in der Malayalam-Schrift.


Die englische Sprache zu beherrschen, bringt einige greifbare Privilegien mit sich, wenn man mal an Zeicheneingabe, Rechtschreibprüfung, Autovervollständigung und Sucheingaben denkt. Auf ähnliche Weise ist auch die Software-Entwicklung selbst deutlich auf die englische Sprache zugeschnitten.

Umso größere Probleme hat eine Mehrheit der Menschen auf dieser Welt, die kein Englisch spricht, wenn es um die Einführung von Technologien und den Zugang zu Informationen geht. Es ist diese Bevorzugung des Englischen, die eine digitale Kluft in der Welt verursacht hat – und sie heute immer noch aufrechterhält.

„Das lateinische Alphabet ist regelrecht übersättigt mit Schriftarten“, kommentiert Thottingal. „Es gibt Tausende von verschiedenen Schriftarten in allen möglichen Designs. Entsprechend schwer ist es, Beachtung zu bekommen, wenn man für dieses Alphabet eine neue Schriftart entwirft. Für Malayalam aber gibt es nur ein Dutzend an brauchbaren Unicode-Schriftarten.“

„Wenn man für ein Skript keine funktionsfähige, bugfreie Schriftart hat, kann man den Inhalt nicht entziffern“, fügt er hinzu. Das ist auch der Grund, warum das Entwerfen neuer Schriftarten solch eine bereichernde Erfahrung für ihn ist.

Indem er für 38 Millionen Menschen das Tor zur digitalen Welt auch nur einen kleinen Spalt weiter geöffnet hat, zeigt Thottingal auf beispielhafte Weise, wie Software-Entwickler unterschiedlicher sprachlicher Herkunft dabei helfen können, die digitale Sprachkluft zu überwinden und dadurch das Internet zu einem gesünderen Ort zu machen.

Weitere Links

Santhosh Thottingals Blog: Thoughtingal
Wikimedia engineer contributes several fonts to Malayalam language (Wikimedia-Entwickler steuert mehrere Schriftarten zu Malayalam bei), Wikimedia Blog (2018)