Eine quelloffene Alternative zur „Cloud“

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Frank Karlitschek. Foto von Annette Exner. (CC BY-SA 4.0)

Viele Menschen nutzen Cloud-Dienste inzwischen standardmäßig für die Arbeit. Unter Umständen verzichtet man so jedoch auf Privatsphäre und Kontrolle. Einige quelloffenen Alternativen bieten nun Tools an, die den Menschen diese Kontrolle zurückgeben sollen.

Frank Karlitschek ist ein deutscher Open-Source-Entwickler und der Gründer von Nextcloud, einer Plattform, auf der man Dateien speichern, mit anderen zusammenarbeiten und auch sonst so ziemlich alles machen kann, was man von einem Online-Tool für Teamwork erwarten würde.

„Alles wird gerade zentralisiert. Die Cloud-Infrastruktur, auf der ein Großteil der Internetdienste basiert, wird von sehr wenigen Instanzen gesteuert – zum Beispiel von Amazon, Google und Microsoft. Sie sind das Rückgrat des gesamten Internets, und das ist nicht gesund“, sagt er.

Nextcloud wurde ursprünglich als Alternative zu Dropbox gegründet, mit dem Unterschied, dass die Nutzer die Vorteile eines Cloud-Dienstes genießen konnten und gleichzeitig die Kontrolle über ihre Infrastruktur behielten. Seitdem hat sie sich zu einer vollkommen modularen Produktivitätssuite entwickelt. Das heißt, der Nutzer kann selbst entscheiden, welche Programme er auf der Plattform benutzt.

„Der Gedanke war, die Leute ihre eigenen Server auf ihrer eigenen Infrastruktur betreiben zu lassen. Es ist also dezentralisiert und föderal“, sagt Karlitschek. Die derzeitige Version von Nextcloud sei mit Googles G Suite oder Microsoft Office 365 vergleichbar.

„Die Plattform bietet viele Möglichkeiten, Daten zu teilen, zusammenzuarbeiten, miteinander zu kommunizieren, Dokumente zu bearbeiten, einen Kalender und Kontaktlisten zu führen – alles Mögliche. Es handelt sich um eine vollständige, moderne Collaboration-Plattform, die aber zu hundert Prozent quelloffen ist und auf der Infrastruktur des jeweiligen Nutzers läuft.“

Etwa 1.800 Individuen wirken an der Entwicklung von Nextcloud mit, von einzelnen Reparaturen bis hin zu langjährigen Verpflichtungen. „Es geht allerdings um mehr als nur Code“, betont Karlitschek. „Zum Beispiel wird auch übersetzt. Nextcloud gibt es in mehr als 95 unterschiedlichen Sprachen und die Übersetzungen werden von freiwilligen Helfern aus aller Welt vorgenommen.“

Aber nicht alles läuft ehrenamtlich ab: 45 Festangestellte halten die Codebasis rund um die Uhr in Schuss. Das Geschäftsmodell von Nextcloud basiert auf dem Verkauf von Support-Abonnements an Organisationen, die die Plattform kostenlos nutzen – eine bewährte Methode, um Einnahmen aus kostenloser Open-Source-Software zu erzielen.

Kostenlose, quelloffene Programme entstanden zu einer Zeit, als die Menschen Software noch auf ihren eigenen Computern verwendeten, ob auf ihrem Desktop-PC zu Hause oder auf einem Server in einem Rechenzentrum. Durch den Einsatz von nicht proprietärem Code hatten sie mehr Kontrolle über ihren Computer.

Aber jetzt, da Cloud-Dienste allmählich zum neuen Standard in Sachen Teamarbeit werden, entgleitet uns diese Kontrolle wieder. „Auf gewisse Weise sind sie sogar noch geschlossener als proprietäre Software, die man auf dem eigenen Laptop laufen hat. Da weiß man nämlich wenigstens, wo sie sich befindet“, sagt Karlitschek.

Um ein Produkt zu erstellen, das es mit den globalen Internetmonopolen aufnehmen kann, muss man vieles richtig machen.

Karlitscheks Auffassung nach muss die alternative Software mindestens genauso gut sein. Man müsse alle Features zur Verfügung stellen, die die Nutzer erwarten – wenn man das nicht tut, würden sie zu anderer Software greifen.

Aber selbst wenn die Benutzeroberfläche und die Arbeitsabläufe anregend und praktisch gestaltet sind, stehen der Nutzung dezentraler Cloud-Dienste immer noch ein paar Hindernisse im Weg.

Bei Google oder Microsoft richtet man sich einfach ein Konto ein und schon kann es losgehen – Nextcloud muss man zunächst einmal auf einem Server installieren. Egal wie leicht einem dieser Vorgang gemacht wird, ist es immer noch ein Schritt mehr als bei einer proprietären Cloud. Und: Es kostet Geld, eine eigene Cloud zu hosten.

„Früher lagen die Kostenvorzüge bei freier Open-Source-Software immer auf unserer Seite. Wir konnten sagen: Linux ist genauso gut wie Microsoft und kostet noch nicht einmal was. Bei Cloud-Diensten ist es leider genau andersherum. Nextcloud ist zwar kostenlos, aber man muss es trotzdem irgendwo hosten. Inzwischen ist das Hosting, genau wie die anderen Dienste, kostenfrei“, sagt Karlitschek.

Unter welchen Umständen wärst Du bereit, eine quelloffene Cloud-Alternative auszuprobieren?

  1. Paulus Wohlfart

    Am Ende kann man nicht alles kostenlos haben. Ich arbeite ehrenamtlich als Vorstand in einem Schachverein mit einer Größe von ca. 60 Mitglieder und wünsche mir schon lange für unsere Vereinsarbeit eine Cloudlösung jenseits von Google, Microsoft und Amazon.

    Was sind den die Voraussetzungen, um für ein solche Organisationseinheit (mit ca. 5-10 Zugreifenden) eine quelloffene Cloud-Alternative zu erstellen. Welcher Speicherplatz wäre notwendig. Was wären ungefähr die Kosten pro Monat?