Virtuelle Realität (VR) wird oft mit Unterhaltung in Verbindung gebracht. Dabei brauchst Du nicht einmal ein VR-Headset – ein Smartphone und eine zusammengeklappte Pappbrille reichen aus, um in die Welt Deines Lieblingsspiels einzutauchen oder einen Film so zu erleben, als säßest Du direkt neben den Charakteren.
Diese aufstrebende Technologie kann aber bei Weitem nicht nur zum Spaß angewandt werden: Sie wird in Klassenräumen für virtuelle Ausflüge eingesetzt, sie unterstützt Chirurgen und Astronauten während ihrer Ausbildung, und sie kommt auch in den Bereichen der Therapie und Rehabilitation zum Einsatz.
Mit VR kann außerdem Aktivismus betrieben werden. Ein Beispiel hierfür ist das 2018 entstandene Projekt „Spot the Surveillance“, das den Menschen dabei helfen soll, Technologien zur Massenüberwachung in ihren Wohnvierteln aufzuspüren. So sollen Gespräche über Datenschutz angeregt werden.
In Spot the Surveillance bringt Dich Deine VR-Brille zu einer sonnigen Straßenecke in San Francisco. Du kannst Dich einmal im Kreis drehen, um Deine Umgebung wahrzunehmen, und wirst dann gleich dazu aufgefordert, Überwachungstechnologien im Viertel aufzuspüren.
Du findest ganz schnell die unterschiedlichsten Überwachungsgeräte. An einer Straßenlaterne ist eine Schwenk-Neige-Kamera angebracht, die den Auto- und Fußverkehr aufzeichnet. Außerdem gibt es ein automatisches Kennzeichenlesegerät, das alle erfassten Informationen an eine durchsuchbare Datenbank weiterleitet.
Polizisten setzen ein mobiles, biometrisches Gerät ein, mit dem sie Identifikationsdaten wie Fingerabdrücke und Irisscans sammeln können. Und in den Wolken schwirrt eine Drohne herum, die auf den ersten Blick wie ein Vogel aussieht.
Insgesamt befinden sich allein an dieser kleinen Straßenecke sieben Arten von Massenüberwachungstechnologien. Nur ein paar Minuten, dann hast Du sie alle gefunden.
Dave Maass, Leiter für investigative Recherchen bei der Electronic Frontier Foundation, erklärt, welche Gründe zur Entstehung dieses Projekts geführt haben: „Unser VR-Programm Spot the Surveillance soll den Menschen dabei helfen, zu erkennen, welche Spionagegeräte sie umgeben und wie sie funktionieren.“
Natürlich ist Massenüberwachung nicht erst seit gestern ein Thema. In den USA warnen sowohl Aktivisten als auch die Zivilgesellschaft seit Jahren vor den Gefahren, die von übermächtigen Strafverfolgungsbehörden ausgehen. Dies gilt insbesondere für Gegenden mit vielen nichtweißen Einwohnern.
Mithilfe von VR können Menschen, die sonst kaum etwas damit anfangen können, dieses Thema hautnah erleben.
„Eines unserer Ziele hier bei der EFF ist es, durch Experimente herauszufinden, wie Internettechnologien ein stärkeres Bewusstsein für bestimmte Themen schaffen und dadurch Veränderungen bewirken könnten“, sagt Laura Schatzkin, die bei der Electronic Frontier Foundation als Webentwicklerin tätig ist und Spot the Surveillance programmiert hat. „Die allgegenwärtige polizeiliche Überwachung ist ein perfektes Thema für die virtuelle Realität. Wir hoffen, wir können den Nutzern unseres Programms ein neues Bewusstsein für Datenschutz vermitteln, das auch dann noch fortbesteht, wenn sie nach diesem digitalen Erlebnis ihr Headset abnehmen und in die reale Welt zurückkehren.“
Ob real oder imaginär: Wie betreibst du am liebsten Aktivismus mit VR?
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