Wer kann online erfolgreich sein?

Damit es mehr Menschen im Web möglich ist, das reine Konsumverhalten abzulegen und sie stattdessen anfangen, es selber zu gestalten, zu formen und zu verteidigen, sollte jeder von uns die Fähigkeiten haben, an der digitalen Welt teilzunehmen sowie Dinge in ihr zu lesen und zu schreiben.

Die Nutzung von Technologie ist heutzutage weitaus leichter als noch vor 20 Jahren. Dadurch ist das Internet für mehr Menschen auf der ganzen Welt und in allen Altersklassen zugänglicher geworden. Doch die Vereinfachung von Werkzeugen und Software sorgt auch für einen geringeren Bedarf zu wissen, wie das Internet eigentlich funktioniert. Anders gesagt kann man heute bessere digitale Kenntnisse besitzen, ohne auch nur einen blassen Schimmer zu haben, was das Web ist oder wo dessen Inhalte herkommen. Dieser Mangel an Wissen ist insgeheim eine Krise des digitalen Zeitalters.

Die Idee der weltweiten digitalen Bildung (laut derer jeder in der Lage sein sollte, online zu lesen, zu schreiben und sich einzubringen) entstand als Reaktion auf diese Krise. Damit die Menschen verstehen, wie sie das Web mitgestalten können – oder sogar, wie sie sich online schützen oder ihren Lebensunterhalt mit dem Internet verdienen können – müssen wir sicherstellen, dass jeder die notwendigen Fertigkeiten für eine gesunde Internet-Bürgerschaft besitzt.

Zu Grafiken springen

Gesund

Weltweit liegt ein starker Fokus auf der Integration von Internetkenntnissen in den Schulunterricht. Bildungspolitische Maßnahmen und Lehrpläne werden angepasst, um die Bedeutung digitaler Kenntnisse für die wirtschaftliche Entwicklung anzuerkennen. In den meisten Teilen Europas geht die Tendenz sogar dahin, Programmierunterricht in den Hauptlehrplan aufzunehmen. Eines der Ziele für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen ist es, die Anzahl der jungen Erwachsenen mit Internetkenntnissen zu erhöhen. Außerdem verfolgt die UN nun die Entwicklung von Schulen mit Computern und Internetzugang.

Eine weitere vielversprechende Entwicklung ist das weltweite Engagement vieler informeller Lehrkräfte, die Innovation in Sachen digitaler Bildung und Programmierunterricht voranzutreiben.

Beispiele dafür sind unter anderem die EU Code Week und die New York Public Library TechConnect, oder auch kostenfreie Online-Kurse, wie Codeacademy und viele mehr.

Zusätzlich sind sogenannte Diversity-Programme momentan stark im Kommen, die auf unterrepräsentierte Gruppen in der Technologie ausgelegt sind. Meistens handelt es sich dabei um Kurse für Frauen — wie zum Beispiel Girls Develop It in den USA, Ladies Learning Code in Kanada, Akira Chixs in Kenia, TechLadies in Singapur und das Women’s Coding Collective online, um nur ein paar von ihnen zu nennen.

Ungesund

Die meisten Menschen verstehen noch immer nicht, wie das Internet im Grunde funktioniert. Wenn man in der öffentlichen Ordnung von „digitalen Fertigkeiten“ spricht, liegt der Fokus oftmals darauf, den Menschen beizubringen, wie man den eigenen Computer besser nutzt oder sogar einfache Sachen programmiert. Das Vermitteln von tiefgreifenderen digitalen Kompetenzen, die den Menschen helfen, in einer vernetzten Welt aufzublühen und sich anzupassen, wird dabei allerdings außer Acht gelassen.

So entwickeln sich beispielsweise Jung und Alt ohne das Wissen, wie man Quellen online überprüft, und damit zu einem Nährboden für Falschmeldungen und Gerüchte, die am Ende der Gesellschaft schaden.

Es wird häufig angenommen, dass die Menschen im globalen Süden, deren erste Verwendung des Internets über ihre Mobiltelefone stattfindet, ganz automatisch die für den Wandel ihrer Wirtschaft notwendigen digitalen Kompetenzen entwickeln, und das nur Dank des Internetzugangs. Es gibt allerdings kaum Beweise, die diese Annahme belegen.

Selbst junge Leute, die mit einem Internetzugang aufgewachsen sind, entwickeln nicht von sich aus starke digitale Kompetenzen. Studien belegen, dass viele junge Menschen in Großbritannien und den USA nicht zwischen Werbeinhalten und Nachrichtenartikeln oder Anzeigen und Suchergebnissen unterscheiden können.

Digitale Kompetenzen zu besitzen – einschließlich, aber nicht ausschließlich Programmierkenntnisse – wird auf dem Arbeitsmarkt der Zukunft immer wichtiger werden und zwar weltweit. Aus diesem Grund ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass sich zwischen den Menschen mit und ohne digitale Bildung eine sozioökonomische Kluft auftun wird. Und wie es so üblich ist, stehen Frauen sowie ländliche und marginalisierte Bevölkerungsgruppen momentan ganz hinten an, wenn uns darum geht, auf irgendeine Weise zu profitieren.

Prognose

Sollten wir nicht anfangen, etwas dagegen zu tun, werden wir am Ende ein Internet haben, in dem die meisten Menschen passive Konsumenten bleiben, und nicht zu aktiven Teilnehmern und Erschaffern werden. Wir müssen uns der sich weitenden Kluft widersetzen, die einen Keil zwischen die technologisch kompetente Minderheit und der weniger kompetenten Mehrheit treibt.

Wir müssen allen zu verstehen geben: Digitale Bildung bedeutet mehr als Programmierkenntnisse. Regierungen, Lehrkräfte und Eltern müssen zu Fürsprechern für digitale Bildung werden und sie müssen sich für die Förderung von kreativen Gelegenheiten für junge Menschen einsetzen, um diese Fertigkeiten zu entwickeln. Auch Technologieunternehmen sollten überlegen, wie sie digitale und andere Bildungsmöglichkeiten in die Art und Weise, auf die Leute ihre Produkte nutzen, integrieren können.

Neben Lesen, Schreiben und Rechnen gibt es nun eine 4. Grundkompetenz: Digitale Bildung. Wir haben über die vergangenen 20 Jahre hinweg große Fortschritte in der weltweiten Verbreitung von digitalen Kompetenzen gemacht. Dennoch müssen wir uns noch intensiver engagieren, um zu gewährleisten, dass unsere Kenntnisse mit der Rolle des Internets in unseren Leben übereinstimmen.

Empfohlene Artikel

Ein Verschlüsselungsworkshop in Harlem

CryptoHarlem bringt schwarzen Gemeinschaften in New York Datenschutz und Sicherheitstaktiken bei.

Mehr erfahren icon-arrow-right
Warum gibt es nicht mehr Programmiererinnen?

Im Gespräch mit Melissa Sariffodeen, Mitbegründerin und Geschäftsführerin der kanadischen NPO „Ladies Learning Code“

Mehr erfahren icon-arrow-right

Die Daten im Überblick

Social Media

Falsche Annahmen

Viele Menschen glauben, Facebook sei das Internet.

Eine kleine Umfrage aus fünf Ländern zeigte: Viele Facebook-Nutzer wissen entweder gar nicht, dass die App das Internet verwendet oder dass es außer Facebook noch mehr im Internet gibt. Wir können nicht von Leuten erwarten, ohne digitale Bildung zu wissen, wie ihnen das Internet helfen kann oder warum es sie überhaupt interessieren sollte.

Arbeitsmarkt

Variierende Internetkenntnisse

37% der europäischen Arbeitskräfte haben ausreichend digitale Kenntnisse, 13% haben absolut gar keine.

In den meisten Branchen verlangen europäische Arbeitgeber heutzutage einen gewissen Grad an digitaler Bildung. Die Europäische Union hat seit 2013 in die Ausbildung von über 2 Millionen Menschen investiert, um die Kluft zwischen digitalen Kenntnissen zu überbrücken. Damit niemand zurückgelassen wird, brauchen wir weltweit mehr Richtlinien zur Ausbildung von Jung und Alt.

Interesse vs. Fähigkeiten

Fertigkeiten der Webentwicklung

Die Menschen sind daran interessiert, online etwas "zu gestalten", doch es mangelt ihnen an Selbstbewusstsein.

Mozilla hat 300 Menschen in Indien, Bangladesch, Kenia und den USA nach ihren digitalen Kenntnissen gefragt. 62% sagten, sie seien daran interessiert, etwas online „zu gestalten“, doch 53% hätten nur wenig bis kein Selbstbewusstsein in ihre Fähigkeiten. Durch das Vermitteln digitaler Kompetenzen können wir das Selbstbewusstsein der Menschen steigern und es ihnen so ermöglichen das Web voll und ganz zu nutzen.

Interesse online "zu gestalten"

Selbstbewusstsein in Fähigkeiten

avatar
1 Kommentar Themen
0 Themen Antworten
0 Follower
 
Kommentar, auf das am meisten reagiert wurde
Beliebtestes Kommentar Thema
neueste älteste meiste Bewertungen
Florian
Gast
Florian

Toller Artikel, danke dafür!
Wie habt Ihr die Grafiken realisiert?