Die Anzahl der Verhaftungen bis hin zu den Morden an Bloggern und anderen Personen, die sich online gegen Unterdrückung und Ungerechtigkeit aussprechen, nimmt seit zehn Jahren rasant zu. In Bangladesch, Mexiko, Syrien, Ägypten, China, Äthiopien und auch in anderen Gebieten wurden diejenigen, die ihre Meinungen ausgedrückt und Ungerechtigkeiten aufgedeckt haben, hart bestraft.

2017 rief die Online-Gemeinschaft Global Voices eine Initiative aus dem Jahr 2009, Threatened Voices, wieder ins Leben. Mit der Hilfe von Experten für Medienfreiheit und Menschenrechte aus dutzenden Ländern dokumentiert dieses Projekt die Geschichten von Individuen, die sich mit Bedrohungen in Form von Online-Belästigung, Cyber-Attacken, Verhaftungen bis hin zu Attentaten auseinandersetzen mussten, weil sie im Netz ihre Meinung sagten.

Threatened Voices sollte drei Zwecke erfüllen: erstens die Opfer von Bedrohung in den Fokus rücken und unterstützen; zweitens ein weltweites Bewusstsein für die Notlage der Meinungsfreiheit im Netz schaffen; und drittens einen Forschungsbeitrag leisten, damit wir nachvollziehen können, wie die Unterdrückung von Online-Aktivisten mit der Zeit überhandnehmen kann.

Vaibhav Bhawsar, der in Bengaluru in Indien lebt, hat die Storytelling- und Visualisierungstools für Threatened Voices entworfen und war 2017 als Ford-MDF Design and Technology Fellow bei Global Voices aktiv.

 

Vaibhav Bhawsar
Vaibhav Bhawsar bei der Vorführung des neuen Designs von Threatened Voices auf dem Global Voices Summit 2017. Aufgenommen von Roar Tech (CC BY-SA 4.0)

Was war bisher die größte Herausforderung für Threatened Voices? Wie planen Sie, diese mit dem neuen Webauftritt zu bewältigen?

Bhawsar: Das Ziel des urspünglichen Projekts ähnelte dem vieler anderen Landkarten und Klassifizierungen im Bezug auf Medienfreiheit: Es sollte ein umfassendes Bild aller Bedrohungen gegen diejenigen zeichnen, die unter Achtung der Menschenwürde am globalen Diskurs im Internet teilnehmen. Allerdings bekommen wir nicht jede einzelne Drohung, Verhaftung oder jeden Online-Angriff mit. Dafür gibt es einfach zu viele, und wenn sie sich an Orten zutragen, an denen wir keine aktiven Mitglieder haben oder wo der Internetanschluss miserabel ist, kann es passieren, dass wir diese Datenpunkte nicht erfassen können.

Für die neue Version wollen wir hingegen die Größenordnung etwas nach unten korrigieren und eher in nationalen und regionalen Kontexten Daten sammeln und analysieren. Auf diese Weise können unsere Daten und Visualisierungen den Blick von den Veränderungen auf der ganzen Welt wegrücken und ihn stattdessen auf jene in einem bestimmten Gebiet oder für eine bestimmte Menschengruppe richten. Wir sind sicher, dass wir nach wie vor dabei helfen können, die Realität auf der Welt festzuhalten, auch wenn wir nicht jeden einzelnen relevanten Vorfall erfassen können.

Über welche Funktionen des neuen Designs freuen Sie sich am meisten?

Bhawsar: Wir haben einen benutzerfreundlichen und doch komplexen visuellen Editor erstellt, mit dem unsere Autoren vielseitige interaktive Visualisierungen erstellen können. Wir sind schon sehr gespannt darauf, wie uns die Tools zur Visualisierung von Daten dabei helfen können, vielschichtigere und fesselndere Geschichten über die Bedrohungen zu erzählen, denen sowohl Einzelne als auch Gruppen ausgesetzt sind.

In welcher Hinsicht profitiert Threatened Voices davon, das Projekt einer Online-Gemeinschaft zu sein?

Bhawsar: Global Voices ist sehr gut mit anderen Partnerorganisationen vernetzt und für diese Aufgabe hervorragend geeignet. Unsere Autoren sind selbst tief in Online-Gemeinschaften und Netzwerken für digitale Menschenrechtler verwurzelt. Die Informationen, die sie an die Plattform übermitteln, kommen direkt von der Quelle: von den Menschen, die diese Bedrohungen hautnah erleben, aber auch von Anwälten und Lokaljournalisten. Bei Global Voices handelt es sich auch um eine Gemeinschaft, deren Mitglieder nach jahrelanger Zusammenarbeit und gegenseitiger Unterstützung ein tiefes Vertrauen zueinander entwickelt haben. Anders ginge es gar nicht – schließlich haben wir es mit Informationen zu tun, an denen das Leben und die Existenz derer hängen, die für die Rechte der Menschen kämpfen.