Dein Selfie am Eiffelturm

Die urheberrechtlichen Vorschriften der Europäischen Union vertragen sich oftmals nicht mit unserem Online-Leben

Die meisten Parisbesucher wissen genau, welche Sehenswürdigkeit sie als Erstes aufsuchen: den Eiffelturm bei Nacht, von oben bis unten in beeindruckend schillernde Lichter gehüllt.

Was allerdings nur wenige Touristen wissen: Wenn man nun von der Lichtinszenierung ein Foto macht und dieses online teilt, verstößt man im Prinzip gegen das Urheberrecht Frankreichs.

Die urheberrechtlichen Rahmenvorschriften der Europäischen Union – verfasst zu Beginn der 2000er – sorgen dafür, dass bestimmte berühmte Bauten und Kunstwerke urheberrechtlich geschützt sind. Und auf dieser Liste befindet sich unter anderem auch Frankreichs Wahrzeichen.

Als die aktuellen Rahmenvorschriften des Urheberrechts verabschiedet wurden, waren Briefe und SMS-Nachrichten noch die vorwiegenden Mittel der Kommunikation, sagt Dimitar Dimitrov, Vertreter der Wikimedia Foundation in Brüssel. Aber diese Zeiten sind vorbei: „Jetzt senden wir Bilder“, sagt er. Wenn Touristen heute eine neue Stadt besuchen, dann entscheiden sie sich lieber für einen Post auf Instagram als für eine Postkarte.

„Aber nicht in jedem Land gibt es eine Ausnahme für Werke im öffentlichen Raum, so dass wir alles frei fotografieren und teilen können“, fügt Dimitrov hinzu.

Postkarten-Parodie aus Mozillas 2016 Kampagne Reform Copyright. Foto von juanedc (CC-BY).

Daraus folgt, dass harmlose Inhalte – wie ein Selfie mit dem Eiffelturm oder der Statue der Kleinen Meerjungfrau in Dänemark – eine Verletzung des Urheberrechts darstellen. Den Verfechtern des offenen Internets, wie auch Dimitrov, sträuben sich im Angesicht dieser Tatsache die Haare zu Berge.

„Man verbietet uns damit, frei zu kommunizieren“, sagt er. „Es ist verrückt, dass unsere tägliche Kommunikation durch das Urheberrecht eingeschränkt wird.“

Die Urheberrechtsrichtlinien der EU wirken sich auf mehr als nur Urlaubsfotos aus, sagt Dimitrov, denn sie können auch Innovationen und Wissenstransfer beeinträchtigen. Oftmals ist es so, dass man wissenschaftliche Forschungsergebnisse, die vom Urheberrecht geschützt werden, nicht auf Wikipedia verlinken darf. Selbst Forschern ist das Text- und Data-Mining manchmal untersagt, obwohl es ihnen beim Fortschritt helfen könnte.

Aus diesem Grund haben sich Dimitrov und eine Koalition von gleichgesinnten Akademikern, Technologen und Aktivisten, darunter auch Mozilla, zusammengetan und kämpfen für eine Reform: Moderne Urheberrechtsgesetze, die auf unser Online-Leben abgestimmt sind.

„Wir müssen die Urheberrechtsgesetze technologie- und zukunftssicher gestalten“, sagt Dimitrov. „Wir müssen sicherstellen, dass das Urheberrecht nicht mit unserer Alltagsrealität im Konflikt steht.“